Inbewusst leben

Über Männerwelten, Feminismus und Sexismus

Ein „Lächle doch mal!“
Ein Klaps auf den Po.
Ein penetrantes Anstarren.
Ein mit dem Auto Hupen beim Vorbeigehen.
Ein konsequentes im Weg stehen bleiben.
Ein Busenstreifer.
Ein Hüfte und Penis im Vorbeigehen gegen den Körper drücken.
Ein Nein nicht akzeptieren.
Ein Verwechseln von Augen und Brüsten.
Ein Dickpic.
Ein penetrantes Antanzen im Club.
Ein „zu nah“ in der U-Bahn.
Eine Hand am Oberschenkel.
Ein Hinterher pfeifen.
Ein ungefragtes Angreifen.
Ein ungewolltes auf den Schoß gezogen werden.
Ein Körper, der dich bedrängt, wenn du vorbeigehen willst.

Die Liste.
Ist endlos.

Und das beste überhaupt ?
„Seh’s doch als Kompliment!“

Wie ist es möglich, dass die Hälfte aller Frauen, mit diesen Problemen zu kämpfen hat ?
Und nichts passiert?
Wie ist es möglich, dass diese Problematik zum Alltag vieler Frauen „einfach dazu gehört“ ?
Wieso gibt es so viele Hürden, dass nur ein Zehntel aller Frauen es überhaupt wagt, ihre sexuelle Belästigung zu berichten ?
Wie ist es möglich, dass dieses Problem so weit verbreitet ist, dass es vor allem unter Frauen schon als normal betrachtet wird ?
Nichts davon ist ein Kompliment. Nichts davon sollte normal sein. Und doch wird es leider viel zu oft als solches angesehen. Vor allem von uns Frauen.
#männerwelten von Joko und Klass spricht eine Thematik an. Die keine Thematik mehr ist. Sondern eine Problematik.
‚Das bringt doch eh alles gar nichts…‘ FALSCH !
Frauen. Habt den Mut, zeigt Sexualstraftaten an. Immer.
Männer. Habt den Mut, schaut hin, nicht weg, greift ein, helft, seid solidarisch.
Jetzt wird der Protest lauter. Unbequemer. Aggressiver.
Bis hoffentlich ganz bald die Frage „Aber was hattest Du an?“ Geschichte sein wird.

Höre dazu gerne auch die Podcastfolge von ‚Befristet Bewölkt‘ auf Spotify oder Apple Podcasts an. 

Natürlich kam nach der Veröffentlichung des 15 Minutenlangen Beitrages schon die Kritik in den Kommentaren reingeholt. Hauptsächlich von Männern.
Viele Männer fühlten sich getriggered, denn klar, natürlich betrifft sexuelle Gewalt nicht nur Frauen, FINTA (Frauen, Intersex., Non-Binär, Trans,A-Gender) sondern auch Cis-Männer und Non-Cis-Männer.
Deswegen möchte ich noch folgendes anonyme Kommentar teilen, dass die Debatte, warum in dem Video nur Frauen behandelt werden, sehr gut erklärt:


„Sexuelle Belästigung / Sexismus passiert auch Männern und auch Männer werden vergewaltigt. Der Grund, warum Frauen hier (in diesem 15 Minütigen Beitrag) so thematisiert werden ist der, dass es beim weiblichen Geschlecht einfach mittlerweile „zum Leben oder zum Alltag dazu gehört“. Es ist ein beständiges, großes, zu  normalisiertes Problem. Hier will niemand den Männern absprechen, dass ihnen nicht das gleiche widerfährt, das Thema ist universell ein trauriges, signifikantes, wichtiges. Nur mal eine Frage an die Männer selbst. 
Wie viele eurer Kumpels können in dem Ausmaß von sexueller Belästigung, Sexismus und Vergewaltigungen reden, wie es Frauen können ?
Wenn es euch widerfährt is es bei weitem nicht weniger relevant, aber es passiert vergleichsweise einfach weniger und ihr seht es als „nicht normal“ an, da es so selten passiert, dass es bei euch nicht großartig thematisiert wird (was natürlich genauso wichtig wäre!).

Bei uns Frauen ist, wie es schon so oft beschrieben wurde, cat calling, hinterher pfeifen, angaffen, anfassen, nach laufen, alles nichts mehr Außergewöhnliches !Warum ist es so normal für uns und für euch so schlimm ?“ 


Statistik zum Thema sexuelle Gewalt

Die bisher größte Studie der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) für die 42.000 Frauen in den 28 EU-Mitgliedsländern befragt wurde zeigt ein paar schockierende Fakten auf:

In der Eu sind 62 Millionen Frauen seit ihrem 15. Lebensjahr zumindest einmal Opfer von körperlicher oder sexueller Gewalt geworden. 

Eine von 20 Frauen wurde vergewaltigt.

Jede zweite Befragte wurde schon einmal sexuell belästigt, und 32 Prozent durch KollegInnen, KundInnen, oder Vorgesetzte.


I am not free while any woman is unfree, even when her shackles are very different from my own.
// Audre Lorde


Feminismus ist ein Begriff, der viel zu oft im falschen Kontext verwendet wurde, und daher eher negativ behaftet ist. 
Meine Einstellung ist eindeutig. Ich bin für Gleichberechtigung.

Vor einigen Tage am Weltfrauentag 08.03.2020 habe ich folgende Worte geteilt, die ich noch einmal unterstreichen möchte:

Wir müssen über dieses eine Thema reden, über das ich mich bis heute nicht getraut habe, meine Stimme zu äußern. Bis heute war ich ruhig, und hab mir meinen Teil gedacht. Doch ich habe eine Wut in mir, eine Wut, wie eine Glut, die jedes Mal aufleuchtet, wenn ich von sexistischen Anmerkungen höre. 
Eine Glut, die unbewusst vor sich hin glüht, mal stärker, mal schwächer, aber nie aufhört. Nie erlischt. Vielleicht hört sie tatsächlich einmal auf zu brennen
Vielleicht dann, wenn Gleichberechtigung erreicht wurde.
Wenn es keine Gehaltsunterschiede mehr gibt.
Wenn gewisse Quoten nicht mehr nötig sind. 
Wenn es keine Jobdiskriminierung mehr gibt.
Wenn man auf Social Media viele Frauen nicht mehr mit überdrüssigen Hashtags wie #powerfrauen und #girlboss betitelt.
Ich weiß. Wir wollen im Grunde nur hervorheben, wir sind Frauen, und können auch erfolgreich sein. Doch leider füttern wir mit diesen Begriffen die Stereotypen. Die Schubladen. Die alten Denkmuster. Das wird uns spätestens dann klar, wenn wir erkennen, dass es keine #powermänner und #boybossHashtags gibt, oder ? 
Wenn wir also von Gleichberechtigung reden, inkludiert dies immer zwei Geschlechter. 
Denn Feminismus, ein aus dem lateinischen abgeleiteter Begriff, ist nichts anderes als „ein Oberbegriff für gesellschaftliche (…) Bewegungen, die (…) für Gleichberechtigung, Menschenwürde und Selbstbestimmung aller Menschen jeglichen Geschlechts eintreten. (…)“
Also müssen wir für einander eintreten.
Wir müssen aufhören von „Frauen in Männerberufen“ zu reden. 
Wir müssen aufhören, Kleidung einer Frau als Einladung zu sehen.
Wir müssen aufhören, Männer, die Emotionen zeigen, als Schwächlinge zu bezeichnen.
Wir müssen aufhören, Männern zu sagen, dass sie keinen Schmerz empfinden dürfen.
Wir müssen mit so vielem aufhören. 
Und anfangen zu gleich.
Wie wäre es, wenn wir einfach mal anfangen zu erkennen, dass Feminismus, Dich, Mich, Sie, und Ihn etwas angeht.
Denn Feminismus bedeutet, für Gleichberechtigung aller Menschen jeglichen Geschlechts einzutreten.

So ist für mich die Zukunft nicht weiblich. 
Die Zukunft ist nicht männlich. 
Die Zukunft ist gemeinsam.

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